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06.12.2017 Das wäre ein GAU für unser Land
Anita Fetz gehört zu schärfsten Kritikerinnen der SRG. Trotzdem bekämpft sie die No-Billag-Initiative.
Ein Gespenst geht um am Leutschenbach, das Gespenst der No-Billag-Initiative. Doch das verängstigte Trüppchen, dessen Mitglieder sich als hauseigene Ghostbusters versuchen, verheddert sich immer wieder aufs Neue in ihren Staubsauger-Schläuchen.

So weigert sich das Schweizer Fernsehen, die harmlosen Werbespots der Sterbehilfeorganisation Exit auszustrahlen; an der SRG-Spitze steht halt auffallend viel katholisches CVP-Personal. Bei mir hat das die Lust geweckt, dem Sender gleich die Ausstrahlung sämtlicher Werbung zu untersagen. Wahrscheinlich würde damit sogar die Einschaltquote steigen. (Nur unser früherer Medienminister Moritz Leuenberger würde schmollen, er findet bisweilen die Werbung interessanter als das Programm.)

Auch dass die Ländlerfreunde wegen der No-Billag-Initiative lautstark befürchten, ihre Musik werde vom Bildschirm verschwinden, ist für mich und mein urbanes Umfeld eher ein Grund, aus Trotz für die Initiative zu stimmen. Zudem könnte man die Gebührengelder für so unsägliche Sendungen wie Achtung Mütter! sparen, in der unterschiedliche Mutterrollen gegeneinander ausgespielt werden. Liebe Leutschenbacher, jede Mutter soll nach ihrer eigenen Fasson glücklich werden. Punkt.

Es ist absurd: Das Schweizer Fernsehen hat unter Direktor Ruedi Matter ausgerechnet jenes Landfrauenküche-Publikum intensiv und gut bedient, welches das Fernsehen nun killen will – und damit die ganze SRG.

Bei der No-Billag-Initiative geht es nämlich nicht nur um das Zürcher Farbfernsehen. Es geht um die gesamte Medienlandschaft in der Schweiz: Am Gebührentopf hängen auch alle SRG-Radioprogramme, die Alternativradios und die regionalen Fernsehsender.

Dass die unsoziale Haushaltsprämie geschuldet wird, egal, ob man Radio hört oder Fernsehen schaut, macht die SRG-Verteidigung auch ohne Kritik an Direktor Matter noch schwieriger: Da kommt einiger Unmut zusammen. Männiglich könnte versucht sein, mit einem Ja sein Mütchen zu kühlen.

Aber vor solchen Spielchen kann man gar nicht genug warnen. Ich habe die Initiative im Ständerat abgelehnt und werde dies auch an der Urne tun. Ohne Wenn und Aber. Die No-Billag-Initiative will den SRG-Kurs nicht korrigieren, nein, sie ist ein frontaler Angriff auf unsere Schweizer Demokratie und Kultur. Sie ist eine Rübe-ab-Initiative. Alle öffentlichen Sender in der Schweiz müssten gegroundet werden. Wer glaubt, private Radioprogramme könnten in die Informationsbresche springen, täuscht sich gründlich. Und wer glaubt, dass beispielsweise Pay-TV günstiger wäre oder einen sozial abgestuften Tarif anbieten würde, täuscht sich noch mehr: Das neue Schweizer Fernsehen wäre ein viel teureres privates Quotenbolzer-TV mit Gewinnabgaben für die Aktionäre.

Die Annahme der No-Billag-Initiative wäre ein GAU für unser Land – und zwar nicht nur wegen des oft bemühten Ausgleichs zwischen den Sprachregionen. Die Initiative lenkt auch von der Diskussion ab, was medialer Service public erbringen kann und muss, in Zeiten, in denen der Radio- und der Fernsehkonsum rückläufig sind.

Deshalb nehme ich in diesen Monaten sogar eine persönliche Höchststrafe auf mich und verteidige den Zürcher TV-Kanal mit seinem unsäglichen ländlichen «Heimat im Herzen»-Kitsch.
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