Anita Fetz Medien Echo.  
1997 Von der POCH zur Basler Kantonalbank
Felix Maise, Basel im Tagesanzeiger vom 15. November 1997

Von der POCH zur Basler Kantonalbank
Ex-POCH-Nationalrätin Anita Fetz hat sich von der Klassenkämpferin zur erfolgreichen Kleinunternehmerin gemausert. Jetzt wirbt sie um Bankkundinnen.
Dienstagabend, 18 Uhr, Kongresszentrum der Messe Basel, Saal "Sydney": Die Basler Kantonalbank hat zur Präsentation ihrer neuen Dienstleistung mit dem schönen Namen "Lady Consult" geladen. Über 750 Leute, fast alles Frauen, strömen in den blumengeschmückten Saal. Hauptperson des Abends ist Anita Fetz. Die ehemalige POCH-Nationalrätin führt, unterstützt von einem Referat der bekannten Zürcher Autorin und Innovationsberaterin Monique Siegel, gekonnt und mit ihrem auch bei bürgerlichen Männern geschätzten Charme durchs Programm. Ziel der Veranstaltung: Die Basler Kantonalbank will mit ihrer neuen, speziellen Frauenberatung Kundinnen gewinnen. "Wir meinen, dass das BKB-Lady-Consult einem echten Bedürfnis entspricht", sagt Anita Fetz.
"Nie eine Klassenkämpferin"
"Wir"? Die ehemalige Klassenkämpferin und POCH-Nationalrätin als Bankenfrau im Dienst des Kapitals? "Der Klassenkampf war für mich nie ein Thema", wehrt sich Fetz. "Als ich 1981 in die POCH eintrat, hatte man davon bereits Abschied genommen. Ich wählte die POCH wegen ihrer Anti-AKW-Politik und weil Frauen in der Partei etwas zu sagen hatten."
Heute ist Anita Fetz in der SP. Und die SP hat sie auch für den Bankrat der Basler Staatsbank nominiert, in den sie der Grosse Rat im Frühjahr gewählt hat. Zu den Basler Sozialdemokraten ist sie nach einer längeren politischen Pause erst 1995 gestossen. 1989 war sie im zarten Alter von 32 Jahren als POCH-Nationalrätin zurückgetreten, weil sie sich ganz ihrer eigenen, drei Jahre zuvor gegründeten Firma "femmedia" zuwenden musste, einem ursprünglich schwergewichtig auf Frauenförderung ausgerichteten Zwei-Frauen-Beratungsunternehmen. "Mein Job und meine finanzielle Unabhängigkeit waren mir immer wichtiger als die Politik."
Heute beschäftigt sie zusammen mit einer Partnerin vier feste und vier freie Mitarbeiterinnen. Tätig ist die Fetzsche "femmedia", die sich neuerdings noch "ChangeAssist" (Verändern und Unterstützen) nennt, schwergewichtig in der Personalentwicklung, -schulung und -begleitung. Frauenprojekte machen nur noch rund 20 Prozent aus. 60 bis 70 Prozent der Aufträge kommen von öffentlichen Verwaltungen, zurzeit vor allem im Rahmen des New Public Management.
Nach der Konsolidierung der Firma und drei "sabbatical months" in den USA, wo sie mit engagierten amerikanischen Business-Frauen in Kontakt kam, stach sie der Hafer dann aber doch wieder. Ihr politisches Comeback zeigte, dass sie von ihrer früheren Popularität nichts eingebüsst hat. Bei den Wahlen in den Grossen Rat erzielte sie vor einem Jahr auf der Kleinbasler SP-Liste auf Anhieb das Bestresultat. Für eine fernere Zukunft will sie weitere politische Ambitionen nicht ausschliessen, wie sie dem TA erklärt.
"Geld war immer ein Thema"
Zwischen ihrem früheren POCH-Engagement, ihrem heutigen unternehmerischen Wirken und dem Einsitz im Bankrat sieht Anita Fetz keinen Widerspruch. "Ich bin in einem Kleingewerbler-Elternhaus aufgewachsen, wo Geld schon immer ein Thema war", erzählt sie. Sieben Jahre lang habe sie im übrigen auch beim Aufbau der Alternativbank mitgeholfen und sich dort Branchenkenntnisse erworben, die sie für das Basler Bankratsamt qualifiziert hätten.
Mehr zu reden als ihre Wahl ins Bankengremium gab in Basel die Preisverleihung eines Ideen-Wettbewerbs zum 100jährigen Firmenjubiläum der Kantonalbank Ende 1996: Die teuerste der 19 ausgezeichneten Ideen kam von Anita Fetz. Jury- und Bankratspräsident Willi Gerster, Basler Gewerbeinspektor, Ex-POCH- und SP-Genosse, konnte der Parteikollegin, damals noch nicht Bankrätin, für ihr Unternehmensgründerinnen-Projekt "Catapulta" einen Check in der Höhe von stolzen 170 000 Franken überreichen. Mit linkem Filz habe das rein nichts zu tun, wehrt sich die glückliche Preisträgerin gegen böse Zungen.
Mit "tout Bāle" in der Oper
Auf den ist sie als mittlerweile arriviertes Mitglied des Basler Klatschkolumnen-Establishments auch immer weniger angewiesen. Statt wie einst auf dem Kaiseraugster AKW-Gelände sitzt die gewandte und kommunikationsfreudige Klein-Unternehmerin heute regelmässig mit "tout Bāle" in der Stadttheater-Premiere. "Weil mein Freund Opern liebt", erklärt sie. Dieser arbeitet als Direktionssekretär auf dem Sanitätsdepartement der SP-Regierungsrätin und ehemaligen Ofra- und POCH-Frau Veronica Schaller.
Auch zu ihrem neusten Auftritt für "Lady Consult" kann Anita Fetz mit Überzeugung stehen, wie sie dem TA sagt. "Dabei war ich allerdings nur Hebamme, nicht etwa Initiantin. Die Idee hatten Frauen in der Bank selber, die durch meinen Eintritt ins Banken-Aufsichtsgremium nur ermutigt worden sind." Den Bankrat sehe sie im übrigen nicht einfach als Pfründe an wie manche bürgerliche Kolleginnen und Kollegen. "Auch dort will ich Dinge verändern", so die SP-Grossrätin. Wenn die Bank damit gleichzeitig neue Kundinnen gewinnt, ist das der Männer-Chefetage nur recht.