Anita Fetz Medien Echo.  
1999 Wenn der Erfolg Probleme schafft
Felix Maise, Basel im Tagesanzeiger vom 13. Februar 1999

Wenn der Erfolg Probleme schafft
Das Nationalrats-Comeback der ehemaligen Basler Poch- Politikerin Anita Fetz ist kaum mehr aufzuhalten: Die SP Basel hat sie nominiert.
Ungewöhnliches trug sich am Donnerstagabend an der Delegiertenversammlung der SP Basel-Stadt zu. Bei der Zusammenstellung der Sechserliste für die Nationalratswahlen vom Herbst waren für einmal nicht die unsicheren, sondern die sehr guten Wahlchancen einer Kandidatin das Hauptproblem. Denn die frühere Poch-Nationalrätin Anita Fetz, vor drei Jahren zur SP gestossen, wird im Oktober für die drei bisherigen Basler SP-Leute zur direkten parteiinternen Konkurrenz.
Vier von sechs Sitzen
Schuld daran ist der Grosserfolg der Basler Sozialdemokraten vor vier Jahren. Überraschend gewannen sie damals in einer Listenverbindung mit mehreren linksgrünen Kleinparteien und mit Proporzglück gleich vier der sechs Basler Nationalratssitze. Für die FDP und die Liberaldemokraten blieben daneben gerade noch zwei bürgerliche Mandate. Einen weiteren Sitzgewinn kann die SP im Herbst nicht erwarten: Nach dem im letzten Sommer erfolgten Übertritt der Feministin Margrith von Felten zu den Grünen wären die Sozialdemokraten diesmal mit drei Sitzen schon mehr als zufrieden. Auch bei optimalem Ergebnis würde die über die Partei hinaus populäre Anita Fetz so aber einem oder einer Bisherigen den Sitz wegnehmen.
Schon mit der Ankündigung ihrer Kandidatur im letzten Sommer hatte die mediengewandte Organisationsberaterin an der SP-Parteibasis für Unruhe gesorgt. Bald war klar, dass die Nomination für die Partei-Neueinsteigerin wohl das grössere Problem sein dürfte als die spätere Wahl an der Urne. Manche Genossinnen und Genossen vom eher fundamentalistischen Flügel der Partei trauen der durchaus karrierebewussten Ex-Poch-Frau politisch nämlich nur halb über den Weg. Ihr privates Unternehmertum mit ihrer eigenen Firma und ihr entsprechendes politisches Engagement etwa im neu gegründeten Verband Wirtschaftsfrauen Schweiz ist manchen SP-Leuten suspekt. Ihr Pragmatismus und ihre unideologische Art machen die unerschrockene ehemalige Anti-AKW-Aktivistin dafür heute auch für aufgeschlossene bürgerliche Kreise wählbar.
Warnung vor Sprengkraft
Gegen die vom Parteivorstand empfohlene fetzsche Nomination regte sich auch an der Delegiertenversammlung vom Donnerstagabend offener Widerstand: Die Partei dürfe nicht einfach aufstellen, wer am meisten Stimmen erhalten könnte. Sie müsse vielmehr vermeiden, dass bisherige gute Leute, die sich seit Jahren um die Partei verdient gemacht und in Bern unbestritten viel geleistet hätten, ausgebootet würden. Eine Kandidatur Fetz enthalte Sprengkraft, sei eine Gefahr für einen geeinten Wahlkampf, so die Sorge der Fetz-Gegnerinnen und -Gegner in der SP.
Es brauchte die ganze Überzeugungskraft des Parteiveteranen Helmut Hubacher, um die Stimmung zu kehren: Mit einer möglichst starken Liste die drei Sitze auch mit dem Risiko einer Abwahl zu verteidigen sei gescheiter, als einfach nur die Bisherigen zu schützen und damit eventuell einen Sitz zu gefährden, mahnte der immer noch populäre Ex-SPS-Präsident seine Schäfchen.
Nur Letzte der Nominierten
Die Delegierten machten der umstrittenen Kandidatin den Weg zurück ins Bundeshaus schliesslich doch frei. Von allen sechs Nominierten erzielte Anita Fetz allerdings das schlechteste Resultat. Am meisten Stimmen erhielt die für den zurückgetretenen Hubacher vor einem Jahr nach Bern nachgerückte Juristin Christine Keller, knapp gefolgt von den ebenfalls Bisherigen Remo Gysin und Rudolf Rechsteiner. An vierter Stelle kam die Grossrätin und Gewerkschafterin Silvia Schenker ins Ziel. Selbst ein über die Parteigrenzen hinaus noch weitgehend unbekannter Jung-Grossrat fand noch mehr Unterstützung als Fetz, die bei ihrem geschäftlich bedingten Berner Abschied 1989 erst 32-jährig und damit die wohl jüngste Altnationalrätin aller Zeiten war.
Spannende Bündnisfragen
Neben der heissen Personaldiskussion ging der Entscheid, mit dem linksgrünen Wahlbündnis BastA!/Grüne/Frauenliste um die ehemalige SP-Nationalrätin von Felten eine Listenverbindung einzugehen, fast unter. Entscheidender für die Basler Sozialdemokraten dürfte allerdings der Ausgang der Diskussionen in der Demokratisch-Sozialen Partei (DSP) sein, die sich vor Jahren von der SP abgespalten hat: Am Montag will die kleine Zentrumspartei entscheiden, ob sie zu den Nationalratswahlen überhaupt antritt und ob sie dabei allenfalls mit den drei bürgerlichen Parteien eine Listenverbindung eingehen will. Die Wahlstrategen der SP hoffen auf einen Verzicht der DSP oder wenigstens einen (chancenlosen) Alleingang. Ein Wahlbündnis der DSP mit den Bürgerlichen könnte der CVP nämlich ihren vor vier Jahren an die SP verlorenen Sitz zurückbringen, berechnen die politischen Auguren.