Anita Fetz Medien Echo.  
2000 Finanz- und Wirtschaftspolitik nach den Wahlen 1999
Ein Gespräch mit Anita Fetz und Serge Gaillard, SGB
in: Rote Revue Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur 1/2000

Finanz- und Wirtschaftspolitik nach den Wahlen 1999
Nach den Wahlen vom Herbst 1999 steht die SVP vor allem als politische Organisation gestärkt da. Für die Wirtschaftspolitik in der Schweiz wird dies Folgen haben. Vor allem im Bereich der Steuer- und Finanzpolitik sowie der sozialen Sicherheit wird das Klima für die SP massiv kälter werden und diverse Privatisierungsforderungen haben dank des Departements Couchepin starken Auftrieb erhalten. Umgekehrt kann das Scheitern der WTO in Seattle als Signal und Widerstand gegen eine rein marktregulierende Gesellschaft mit dem ungebrochenen Recht des Stärkeren interpretiert werden. Ganz grob betrachtet, markieren diese Punkte neben der Erosion des Industriestandortes (vgl. Adtrans, Sulzer u.a.), der Erwerbslosigkeit und dem unspektakulären Wirtschaftswachstum die Ausgangslage und Widersprüche, in der die SP in den nächsten vier Jahren ihre wirtschaftspolitische Kompetenz quasi wiedergewinnen muss und wo die strategischen Grundlinien verlaufen sollen.
Redaktion: Was hat sich für euch in wirtschaftspolitischer Hinsicht mit den Wahlen geändert und wo besteht ein Handlungsbedarf für die SP?
Anita Fetz: Ganz offensichtlich hat sich der Mainstream noch mehr auf die Steuerabbaustrategie verlagert, wobei noch nicht klar ist, in welchem Mass sich das auf die Arbeit im Parlament auswirken wird.
Serge Gaillard: Ich denke die Wahlen haben uns vier Jahre zurückgeworfen. Bereits das letzte Parlament hat versucht, Leistungen des Sozialstaates abzubauen und Steuern zu senken. Es brauchte dann zwei Abstimmungssiege der SP und der Gewerkschaften (dringenden Bundesbeschluss zur Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosengesetz) bis am runden Tisch diese Politik der Bürgerlichen gebremst werden konnte. Die wirtschaftspolitischen Schwerpunkte liegen heute bei den Folgeproblemen der Rezession, d.h. bei der zunehmenden soziale Ungerechtigkeit bei der Sozial- und Steuerpolitik und natürlich die Lohnpolitik. Hier wieder mehr Gerechtigkeit herzustellen, wird der Schwerpunkt der linken Politik sein müssen. Da es hier um Verteilungsfragen geht, wird die Polarisierung sowieso ausgeprägt sein.
Red.: Siehst du das auch so Anita, dass wir um vier Jahre zurückgeworfen worden sind?
AF: Angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der letzten Jahre ist es uns recht gut gelungen die sozialen Errungenschaften zu verteidigen. Heute müssen wir den Konjunkturaufschwung dazu nutzen, vermehrt wieder eigene Themen zu besetzen. Motto: Endlich wieder in die Menschen investieren. Hier denke ich vor allem an die Bildungspolitik, die auch eine wichtige wirtschaftspolitische Bedeutung hat. Die Schweiz braucht eine Bildungs- und Technologieoffensive , welche die Menschen dazu befähigt, den Modernisierungswandel zu bewältigen. Die SP ist bereit, massiv mehr Geld in die Bildung zu investieren und zwar im Sinne einer wirtschaftlichen Investition. Dabei wird sie darauf achten müssen, dass diese Investition sowohl einen sozialen Ausgleich bewirkt als auch die Geschlechterdifferenz berücksichtigt.
SG: Zentral wird natürlich die Finanzierungsfrage sein. Die ganze Berufsbildungsreform ist nicht zuletzt aufgrund des Drucks der SP und der Gewerkschaften auf gutem Weg. Das Problem ist, dass diese Bildungsoffensive etwas kosten wird, und zwar ca. 1 Milliarde Franken pro Jahr. Hier stellt sich die Frage nach der Aufteilung zwischen Kantonen und Bund. Zwar wird eine leichte Erhöhung der Bundesausgaben in den nächsten Jahren möglich sein, dennoch ist eine starke Umverteilung innerhalb des Bundesbudgets notwendig und unsere Umverteilungsinitiative, die ja die Halbierung der Militärausgaben verlangt wird hier Bedeutung erlangen. Wir müssen Gelder freischaufeln für die Bildung.
Red.: Wo sind hier Prioritäten zu setzen? Der Rahmenkredit für Bildung und Wissenschaft soll ja erst im Jahr 2002 erhöht werden und es besteht heute eine Konkurrenz zwischen Fachhochschulen und Universitäten. Da stellt sich die Frage, wo mehr gefördert werden soll.
SG: Es ist eine Folge der Krisenjahre, dass Fachhochschule und Universität gegeneinander ausgespielt werden. In allen Bereichen der Bildung (Berufsausbildung, Fachhochschule und Universität) muss mehr investiert werden.
AF: Dazu brauchen wir aber auch eine Reorganisation der Universitäten. Es ist viel zu teuer, dass in der kleinen Schweiz drei bis vier medizinische Zentren betrieben werden. Ich bin nicht mehr bereit, immer den föderalistischen Ausgleich auch noch mitzufinanzieren. Das selbe gilt übrigens auch bei den Fachhochschulen. Ich finde , dass der Bund nicht nur mehr Geld investieren, sondern dafür auch mehr Kompetenzen erhalten soll, denn die Kantone werden die gesamtschweizerische Steuerung der Bildung nicht leisten können. Nur dank einer zentrale Steuerung können die Mittel gezielt eingesetzt werden. Trend: Eine Hochschule mit verschiedenen Kompetenzzentren.
Red.: Bei den Zukunftstechnologien ist die Schweiz ja im Rückstand. Wie sollen hier die Mittel eingesetzt werden?
AF: Ich würde ein Megaimpulsprogramm bei den neuen Technologien lancieren, weil das uns wirtschafts- und bildungspolitisch sehr viel bringt. Die Förderung der neuen Technologien löst eine Welle von Firmengründungen aus und führt zu neuen, hoch wertschöpfungsorientierten Arbeitsplätzen. Die Förderung der neuen Technologien und best ausgebildete Leute ist - neben Risikokapital - eines der wichtigsten Instrumente, um die Gründung innovativer KMU start up's zu fördern. Bsp: In der Schweiz werden jährlich ca. 700 Informatiker ausgebildet. Der Bedarf der Wirtschaft ist 10 mal höher! Das müssen wir koppeln mit einem Impulsprogramm für Frauen. Sie dürfen auf keinen Fall in den Zukunftsberufen den Anschluss verpassen. SG: Ich unterstütze Anitas Ansicht voll und ganz. Insbesondere hinsichtlich der KMU-Förderung scheint mir dieser indirekte Weg der richtige zu sein. Es geht nicht an, dass wir durch die Reduktion der Unternehmenssteuern, wie dies von den Bürgerlichen gefordert wird, direkt Unternehmungen fördern. Vielmehr müssen wir die richtigen Bildungsvoraussetzungen herstellen, damit Hightechfirmen gegründet werden. Wir müssen z. Bsp. die Informatikausbildung ausbauen, aber auch an den Fachhochschulen jene Ausbildungen anbieten, die heute wichtig sind.
Red.: Zu diesem Bereich noch eine letzte Frage: Wie inzwischen allen bekannt ist, bilden viele der neuen Firmen keine eigenen Lehrlinge mehr aus. Genügt hier die Lehrstelleninitiative (LIPA) oder braucht es zusätzliche, dringende Massnahmen, damit auch dort Lehrstellen angeboten werden?
AF: Ich glaube nicht, dass man einen Betrieb, der keine Lehrlinge ausbilden will, auf irgend eine Art dazu zwingen kann. Einen Ausgleichsfonds, wie er von der LIPA verlangt wird, scheint mir - auch wenn wir über die konkrete Form noch diskutieren müssten - ein gangbarer Weg.
SG: Ich möchte daran erinnern, dass wir schon zwei Lehrstellenbeschlüsse durchgebracht haben und es nun darum geht in Kleinarbeit die neuen Ausbildungslehrgänge zu definieren und zu konkretisieren. Auch das kostet natürlich Geld und die LIPA löst einen Teil des Finanzierungsproblems.
Red.: Wechseln wir das Thema: Man erhält heute den Eindruck, dass der neue finanzpolitische Spielraum auf aggressive Weise von den Bürgerlichen mit Verweis auf den Standortwettbewerb sofort für Steuersenkungen und Steuerprivilegien genutzt wird. Wie wollt ihr in den nächsten vier Jahren diesem bürgerlichen Ansinnen entgegentreten?
SG: Der Ausgangspunkt ist folgender: Während der Krise hat man alle Kosten den unteren und mittleren Einkommen aufgehalst. Heute versucht man nun mit Hinweis auf den Standortwettbewerb die bis anhin verschont gebliebenen hohen Einkommen, durch Steuersenkungen und neuen Schlupflöchern noch zusätzlich steuerlich zu begünstigen. Wir wollen die Steuerschlupflöcher etwa im Bereich des Kapitalgewinns, der überobligatorischen 2. und 3. Säule, bei der die hohen Einkommen einen Teil ihres Einkommens am Fiskus vorbeisparen können, stopfen. Es geht uns in den nächsten Jahren um mehr Steuergerechtigkeit.
Red.: Bei der Kapitalgewinnsteuer ist eine Initiative eingereicht worden. Das Thema ist also auf der Traktandenliste. Braucht es andere, ähnliche Vorstösse?
AF: Ich glaube, wir haben es hier mit einem mentalen Problem zu tun. Wir kommunizieren zu wenig, dass wir relativ niedrige (Unternehmens)Steuern und eine niedere Staatsquote in der Schweiz haben. Bezüglich Kapitalgewinnsteuer bin ich optimistisch, dass wir diese Initiative gewinnen können. Alle finden es eine schreiende Ungerechtigkeit, dass man für ein Einkommen von Fr. 70'000.- in Basel ca. Fr. 12'000.- Steuern bezahlt, für das gleiche Einkommen aus Kapitalgewinn aber keinen Rappen. Wir haben eine andere Vorstellung haben von Steuergerechtigkeit. Familien mit mittleren Einkommen werden dank unserer Gesundheitsinitative bis zu Fr. 7000.- pro Jahr einsparen - das ist weit mehr als sie durch die Bürgerlichen Steuerstopp-Versprechen sparen. Wichtig ist für mich z. B. die ökologische Steuerreform. Der ökologische Umbau von Wirtschaft und Konsum ist eine zentrale Strategie , weil dieser Umbau den Rationalisierungsdruck von der menschlichen Arbeit weg hin zu den Energien und Ressourcen verschiebt. Auch im Bereich der Sozialversicherungen und deren Finanzierung müssen wir andere Perspektiven als den reinen Erhalt aufzeigen können. Ein letzter Punkt ist noch wichtig: Die Senkung der Preise durch die Deregulierung der Privatmonopole: z.B. Medikamentenpreise, Cablecom, Notare etc. Die Schweiz hat ein zu hohes Preisniveau.All das können wir den Leuten klar machen, am besten wieder mehr im direkten Kontakt. (z.b. Weniger epische Sitzungen untereinander, mehr Beizengespräche mit Andersdenkenden, Kontakt mit anderen peer groups!).
SG: Wir müssen vorsichtig sein, denn wir sind in den letzten Jahren zu stark als Fiskalpartei erschienen, die immer neue Steuern wollte. Ich glaube, dass wir durchaus kommunizieren können, dass das Ziele der Finanzreform und der Steuerreformen die Steuergerechtigkeit sein muss. Gleichzeitig müssen wir aber auch die Einnahmen verteidigen, so z. Bsp. bei der Stempelsteuer für den Finanzplatz. Wenn diese abgeschafft werden sollte, so müssen wir darauf achten, dass andere Einnahmen aus dem gleichen Sektor die Ausfälle ausgleichen. Hinsichtlich der Finanzierungsfrage der Sozialversicherungen dürfen wir die Dramatisierung der Finanzlage der Altersvorsorge nicht mitmachen. Die IDA/FISO Szenarien gehören in den Papierkorb. Es gibt aber Finanzierungsprobleme bei der IV und hier muss die SP für Lösungen Hand bieten. Wir haben auch grosse Finanzierungsprobleme im Gesundheitswesen und hier hat die SP mit der Gesundheitsinitiative Ansätze, wie die Kostenexplosion in den Griff zu bekommen ist. Bei der Arbeitslosenversicherung müssen wir uns dafür einsetzen, dass sich der Bund und die Kanton dauerhaft bei der Finanzierung beteiligen, denn es ist völlig ungerecht, dass die Lohnabhängigen alleine die ganzen RAV und die arbeitsmarktlichen Massnahmen finanzieren.
AF: Natürlich sollten wir die Dramatisierung nicht mitzumachen. Das Problem ist aber, dass uns die Leute nicht mehr glauben, weil sie selber sehen, dass in ihrem Umfeld immer mehr Menschen alt und älter werden und wir nicht mehr nur auf Wirtschaftswachstum setzen können, um die demographische Entwicklung und die Gesundheitskosten aufzufangen. Wir müssen den BürgerInnen ehrlich sagen, dass es dieses demographische Problem zwar gibt, es aber mit mehr Mitteln zu finanzieren ist, wenn wir dies nur wollen.
SG: Da bin ich durchaus derselben Meinung. Die Frage ist aber, ob wir uns durch die 11. AHV-Revision erpressen lassen oder nicht. Wird es eine Finanzierungsvorlage, die uns zwingt, Konzessionen beim Rentenalter zu machen, die Abschaffung der Witwenrente und eine schlechte Flexibilisierungslösung zu akzeptieren, nur um zwei bis drei Mehrwertsteuerprozente frei zu kriegen. Ich denke wir sollten uns hier nicht erpressen lassen.
AF: Einverstanden. Dazu müssen wir aber ein Klima schaffen, in dem wir nicht erpresst werden können. Diese klimatische Frage haben wir unterschätzt. Das ist mir bei der Mutterschaftsversicherung aufgefallen. Die Leute haben grundsätzlich Angst, dass solche Sachen nicht mehr finanzierbar sind und es ist extrem schwierig, rational zu argumentieren, wenn eine diffuse Angststimmung herrscht. Hier müssen wir eine neue Glaubwürdigkeit für unsere Positionen herstellen. Am besten indem wir mehr mit Verteilungsdeals argumentieren: z.B. nationale Erbschaftssteuer dafür Entlastung der Familien und Erhöhung des Kindergeldes; Kapitalgewinnsteuer dafür Begünstigung von Risikokapital etc.
SG: Da stimme ich dir zu. Es ist aber eine nicht zu unterschätzende Leistung der Linken, dass wir die Krisenjahre überdauert haben, ohne nennenswerten Sozialabbau. Noch kurz etwas zur ökologischen Steuerreform, die Anita erwähnt hat. Sie ist zwingend notwendig, aber sie muss so eingeführt werden, dass die mittleren und unteren Einkommen nicht noch mehr belastet werden. Das heisst, es muss ein Rückerstattungsmodus gefunden werden, der die mittleren und unteren Einkommen proportional mehr entlastet als die höheren Einkommen. Das wird sehr wichtig sein für die Glaubwürdigkeit einer solchen Steuerreform bei den Gewerkschaftsmitgliedern. Red.: Ein Teil der Wirtschaftspolitik sind die öffentlichen Betriebe. Die SP und die Gewerkschaften haben die Reformen von Post, Telecomm und SBB mitgetragen und im Moment scheint die Entwicklung den Interessen von SP und Gewerkschaften zu entgleiten. Gibt es in diesem Bereich einen Reregulierungsbedarf?
AF: Ich bin immer noch der Meinung, dass es richtig war, diese Betriebe zu verselbständigen. Es geht nun aber darum, sie modern, sozial- und arbeitnehmerverträglich zu gestalten und hier stellt sich die Frage, wo und wie wir Einfluss nehmen können. Die Betriebe gehören ja immer noch der öffentlichen Hand, Wir brauchen Personen in den Entscheidungsebenen , die den Service public nicht nur wettbewerbsfähig, sondern v.a. leistungsfähig machen wollen. Dazu gehört neben Managementknowhow auch soziales Augenmass. Dies muss aber auf der Ebene des strategischen Managements und nicht auf der Ebene der Gesetzgebung angegangen werden. Immerhin ist ein gut funktionierender Service public ein wichtiger Standortvorteil.
SG: Im Prinzip verfolgten wir mit den Reformen ja vier Ziel: Flächendeckendes Angebot an Leistungen zu günstigen Preisen, Zugang zu neuen Technologien, Bewahrung des Einfluss des Bundes und der guten Arbeitsbedingungen. Selbstkritisch müssen wir zugeben, dass wir uns nach den Reformen zu wenig stark mit der Politik dieser Unternehmungen und des Bundesrates auseinandergesetzt haben. Wir müssen für jeden dieser Betrieb wissen, was wir von ihm wollen und wir müssen die Unternehmen dazu zwingen, dass sie mit den Gewerkschaften GAV's abschliessen, welche die wesentlichen Punkte wie Löhne und Arbeitszeiten enthalten.
AF: Ok. Es scheint mir aber wichtig, dass wir hier nicht einfach die Wahrung des Besitzstandes verteidigen. Veränderungsprozesse bringen neue Strukturen mit sich, verunsichern die Leute, sind aber nicht per se gleich ein Sozialabbau.
SG: Beim Lohnabbau ist die Sache aber deutlich. Wo Lohnabbau im unteren und mittleren Bereich droht, ist er ungerechtfertigt und hier müssen Bund und Gewerkschaften eingreifen.
Red.: Wir müssen zum Schluss kommen: Wo müssen wir besser werden in den nächsten vier Jahren, damit wir unter diesen veränderten Bedingungen erfolgreich sein können?
AF: Weniger Jekami-Politik. Wir müssen unsere personellen, finanzielle und idellen Ressourcen endlich gezielter einsetzen .Die Partei muss sich auf wesentliche Punkte beschränken: Steuergerechtigkeit, Sicherung der Sozialwerke, Begrenzung der Gesundheitskosten, Bildungsoffensive, ökologischer Umbau, internationale Integration der Schweiz und diese konzentriert und neu kommunizieren. Es braucht auch neue Strategien und vermehrte strategische Debatten. Wo gibt es Dominoeffekte, wo kluge Bündnisse, wo verhandelbare Verteilungsdeals, wo neue Formen von Einflussnahme etc. Ein Beispiel: Die ganze Diskussion um die Freisetzungsversuche bei der Gentechnologie würde sich entkrampfen, wenn wir den strategischen Hebel bei einem radikal und langfristig verursacherorientierten Haftpflichtrecht ansetzen würden. Wir müssen auch neue Formen für die Mitgestaltung in der Wirtschaft suchen. Ich denke hier zum Beispiel an Aktienbeteiligungen der MitarbeiterInnen, an die Einflussmöglichkeiten, welche die Gewerkschaften über die Anlagestrategien der Pensionskassen ausüben könnten. Wir müssen auch aktive Bündnisse mit neuen Bündnisspartnern eingehen. In vielen Bereichen haben wir zum Beispiel dieselben Interessen wie die modernen KMU's. Dieses Feld dürfen wir nicht mehr den Bürgerlichen und konservativen Gewerbeverbänden überlassen.
SG: Ich glaube, dass wir in der Steuerpolitik klare und einheitliche Forderungen aufstellen müssen, welche die Steuergerechtigkeit in den Vordergrund stellen und die tieferen und mittleren Einkommen entlasten. Auch ich glaube, dass wir uns auf ein paar wenige Punkte konzentrieren müssen. In der Sozialpolitik müssen SP und Gewerkschaften auch in den nächsten vier Jahren geeint auftreten und in der 11. AHV-Revision eine gemeinsame Strategie entwickeln. Im ganzen Bereich der öffentlichen Dienstleistungen fehlt momentan eine Strategie der Linken. Eine solche müssen wir schnell entwickeln, denn sonst läuft uns die Entwicklung aus dem Ruder. Die Lohnpolitik wird in den nächsten Jahren sehr zentral sein und uns als Gewerkschaften muss es gelingen den Übergang zu allgemein steigenden Löhnen zu sichern. Hier müssen wir auch den unseligen Trend zur Individualisierung der Löhne brechen und uns anstrengen, einheitliche Lohnerhöhungen durchzusetzen.